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7 fundamentale Prinzipien für gutes Design

  • Autorenbild: Phil
    Phil
  • 22. Nov. 2020
  • 5 Min. Lesezeit

Vor einiger Zeit befand ich mich in einem Gebäude der Stadtverwaltung. Ich fragte die Dame am Empfang und sie wies mir den Weg. Ich schlängelte mich durch graue, leblose Flure und hielt Ausschau nach dem beschriebenen Eingang zum Treppenhaus. Endlich kam ein heller Glaskubus in Sicht, in dem sich die Treppe zum ersten Stock befand, getrennt durch eine einfache Tür.

"Einfach"? Von wegen. Ich drückte sanft gegen die Tür. Nichts passierte.

Ich zog - ebenfalls vorsichtig - ohne Ergebnis.

Ich versuchte es vergeblich mit verschiedenen Seitwärtsbewegung - nichts tat sich.

Ausschau haltend nach einem Bewegungsmelder wedelte ich mit beiden Armen in der Luft, doch nichts geschah.

Hinter mir hörte ich jemanden. Ich drehte mich um und mit einem schmunzeln im Gesicht sprach mich eine junge Dame an: "Sie müssen den Schalter hier drücken".

Sie wies auf einen Schalter und drückte ihn. Die Tür schwang nach außen auf.


Ich musste lachen, denn mir kam diese Geschichte sehr bekannt vor. So etwas Ähnliches hatte ich schon einmal in einem Buch gelesen. Beschrieben wurde das Problem mit den Türen von Don Norman, Namensgeber der sogenannten "Norman Doors" (einfach mal googeln) und Autor des Buchs "The Design of Everyday Things".

Darüber hinaus ist Norman der Begründer des Human Centered Design (auch User Centered Design), einem Designprinzip, was die Nutzung des Menschen in den Vordergrund des Designs stellt und die Ästhetik nach lagert.


Schlechtes Design und gutes Design

Das eingangs beschriebene Problem mit dem Öffnen von Türen hat sicherlich jeder schon einmal in irgendeiner Form erlebt. Es zeigt perfekt das Problem von schlechtem Design auf. Für etwas so einfaches wie eine Tür benötigt man häufig fast schon eine Anleitung. Meistens sind es nur die Hinweise "Push" oder "Pull". Nicht immer reicht das.

Schlechtes Design kann viele Ursprünge haben. Sparsamkeit, alleiniger Fokus auf die Ästhetik oder einfach einen schlechten Designer.


Aber was macht gutes Design aus?

Laut Norman weist gutes Design zwei Charakteristika auf:

  • Erkennbarkeit (Discoverability): Ist es ersichtlich welche Nutzungsmöglichkeiten man wo durchführen kann?

  • Verständlichkeit: Ist es ersichtlich wie und in welchem Umfang die Nutzungsmöglichkeiten eingesetzt werden können?


Human Centered Design

Human Centered Design (HCD) ist eine Herangehensweise, in der menschliche Bedürfnisse, Fähigkeiten und Handlungsweisen in den Vordergrund des Designs gestellt werden.

HCD berücksichtigt die vorweg genannten Kriterien und verinnerlicht die Psychologie des menschlichen Handelns.


Um gutes Design umzusetzen und dabei den Menschen in den Mittelpunkt der Entwicklung zu stellen kann es helfen, die 7 Handlungsstufen des HCD zu berücksichtigen.

  1. Ziel (Was will ich erreichen?)

  2. Planen (Was gibt es für alternative Handlungssequenzen?)

  3. Spezifizieren (Welche Handlung kann ich in diesem Augenblick durchführen?)

  4. Ausführen (Wie kann ich sie durchführen?)

  5. Wahrnehmen (Was ist gerade passiert?)

  6. Interpretieren (Was bedeutet das?)

  7. Vergleichen (Ist das in Ordnung?)

Dieses Vorgehen hat viele Überschneidungen mit Prinzip des Design Thinking oder dem Sprint-Modell.


Neben dieser 7-stufigen Herangehensweise gibt es darüber hinaus "7 Fundamentale Designprinzipien" die gutes Design erfüllen sollte.


1) Feedback

Den Begriff Feedback brauche ich wohl kaum erklären und dennoch soll er hier nicht unerwähnt bleiben, denn Feedback ist ein wichtiges Element für gutes Design. Und dennoch fehlt es häufig. Feedback meint die Mitteilung über das Resultat einer Handlung. Design ohne Feedback lässt den Anwender fragend zurück. Es wird ein Ziel verfolgt, ohne zu wissen, ob es erreicht wurde. Bei einem Lichtschalter ist die Funktion selbst (Licht an/aus) automatisch auch das Feedback. Aber bei anderen Funktionen ist es anders. Wenn ich an der Fußgängerampel stehe und auf den Schalter drücke, möchte ich wissen, ob die Ampel gleich auf grün geht, oder ich hier ewig warte.

Feedback gibt es in unterschiedlichster Art und Weis: Lichtsignale, Töne, schriftliche Anzeigen, mechanisch etc.


2) Affordances (Angebotscharakter)

Affordance beschreibt die Beziehung zwischen physischen oder nicht-physischen Objekteigenschaften und den Fähigkeiten des Anwenders. So könnte jemand, der noch nie im Leben einen Stuhl gesehen hat, relativ simpel verstehen, wofür das Objekt genutzt wird. Affordance existieren auch, wenn sie unsichtbar sind, doch am wirkungsvollsten sind wahrgenommene Affordance. Sie bieten deutliche Hinweise darauf, wie und wozu das Objekt zu bedienen ist.


3) Signifiers (Signifikanz/Bedeutung)

In direkten Zusammenhang zu den Affordance stehen die Signifiers. Erstere bestimmen, welche Aktionen möglich sind. Signifiers zeigen an, wo diese Aktionen durchgeführt werden sollen. Selbst wenn der Angebotscharakter eines Objektes relativ klar erscheint, braucht es häufig Hinweise darauf, wo und wie des Angebots wahrgenommen werden kann. Dass eine Tür aufgeht, ist relativ offensichtlich. Ob man sie ziehen, drücken, seitlich bewegen, oder einen Schalter drücken muss, nicht.

Signifiers können ganz unterschiedlicher Art sein. Explizite Hinweise wie Schilder (z.B. "Drücken", Türgriffe oder Schalter, Pfeile oder in der digitalen Welt auch diverse Animationen.


4) Mapping

Das Mapping bezeichnet die Beziehung zwischen der Funktion eines Objektes und den Bedienelementen. Schon mal in einem großen Saal wild auf den Schaltern herumgedrückt, weil nicht klar war, welcher Schalter, welche Lampe bedient? Und jeder kennt wohl das Problem mit alten oder günstigen Herdplatten: 4 Herdplatten in einem Quadrat angeordnet, werden bedient von 4 nebeneinander platzierten Drehknöpfen. Das sind Beispiele für fehlendes Mapping.

Ebenfalls schlecht ist es, wenn man eine Bewegung nach Links machen muss, um nach rechts zu fahren - wie es bei einem einfachen Motorboot der Fall ist. Da fährt es sich mit einem Auto deutlich leichter.


5) Constraints

Constraints sind nichts anderes als Einschränkungen. Dabei geht es aber nicht darum, den User zu behindern, sondern durch natürliche Hinweise, die möglichen Optionen der Handlung zu begrenzen und somit einen Pfad zu ebnen. Constraints können physischer, kultureller, semantischer und logischer Natur sein.


6) Konzeptmodelle

Ein Konzeptmodell ist eine Erklärung, die auf sehr vereinfachte Art und Weise darstellt, wie etwas funktioniert. Ein Ordner-Icon auf dem PC veranschaulicht das Vorhandensein von Dokumenten. In Wahrheit existiert aber kein Ordner auf dem Computer, es sind nur Daten. Das Order-Icon dient aber als einfache Konzeptualisierung.

Das Konzeptmodell liefert keine Erklärung, es soll möglichst einfach und verständlich sein.

Gute Konzeptmodelle gehen aber weit über die einfache Visualisierung hinaus. Sie befinden sich im Verstand der Anwender und repräsentieren deren Verständnis dafür, wie Geräte funktionieren. Sie verbinden Affordance, Signifiers und Co. so miteinander, dass die Anwendung keiner oder nur weniger Erklärung bedarf.


7) Discoverability

Discoverability meint, dass der Nutzer in der Lage ist, ohne große Anstrengung und Dauer zu erkennen, wie das Objekt benutzt wird. Darüber hinaus sollte der Status des Objektes zu erkennen sein (Ist das Gerät an oder aus?). Somit resultiert Discoverability aus einer Vereinigung von Affordances, Signifiers, Constraints, Mapping und Feedack.



Der User hat immer recht

Warum ist HCD von so großer Bedeutung? Weil der User über Erfolg oder Misserfolg eines Produktes entscheidet. Was hilft das schönste Design, wenn man es nicht richtig benutzen kann? Was hilft das beste Produkt, wenn es nicht gut aussieht?

Wer schon einmal in einem UX Labor auf der anderen Seite der verspiegelten Glasscheibe saß wird einen Satz in verschiedenen Varianten sicherlich schon häufiger gehört haben:

"Er macht das falsch!"

Die Schuld wird den User zugeschoben, doch dieser handelt so, wie er denkt, dass es richtig ist. Wenn der User in diesem Moment nicht richtig handelt, dann gibt es nur einen Schuldigen - den Designer. Er hat die Aufgabe, die eingangs beschriebenen Prinzipien zu berücksichtigen und in Einklang zu bringen. Fairerweise muss man sagen, dass es schwer ist, das auf Anhieb zu schaffen.


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